Neues der Deutschen Gesellschaft für Kosmetische Zahnmedizin

» 26.08.2015 Umsatzsteuer beim Bleaching


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Die Rechtsprechung zur ausnahmsweisen Umsatzsteuerpflicht von zahnärztlichen Behandlungsleistungen klärt sich immer mehr. Im Blickpunkt einer neuen Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19.03.2015 – V R 60/14 – steht das Bleaching. Der BFH stellte fest, dass „Zahnaufhellungen (Bleaching), die ein Zahnarzt zur Beseitigung behandlungsbedingter Zahnverdunklungen vornimmt, steuerfreie Heilbehandlungen“ sind, wenn sie medizinisch indiziert sind, weil sie dazu dienen, „die negativen Folgen der Vorbehandlung zu beseitigen“. Die Entscheidung wird wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung in die amtliche Sammlung des BFH aufgenommen werden.

Eine zahnärztliche Berufsausübungsgemeinschaft hatte in den Jahren 2005 und 2007 (um diese ging es in dem Verfahren) bei einigen Patienten ein Bleaching einzelner Zähne durchgeführt und ohne Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt. Die Entgelte für diese Leistungen betrugen 2005 insgesamt 429,00 €netto und 2007 insgesamt 339,00 € netto. Es ging also eigentlich um sehr wenig.

Diese Bleachingbehandlungen erfolgten nach Abschluss einer Wurzelkanalbehandlung, als deren Folge der betroffene Zahn nachdunkelte. Zwischen der vorangegangenen Wurzelkanalbehandlung und dem Bleaching lag jeweils ein Zeitraum von wenigen Monaten bis zu maximal zwei Jahren. Die Zahnärzte behandelten diese Bleachingleistungen in ihren Steuererklärungen als gemäß §4 Nr. 14 UStG steuerfrei. Das Finanzamt stimmte den Erklärungen zu.

In einer 2009 und 2010 vom Finanzamt mit Unterbrechungen durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung stellte der Prüfer fest, dass die Zahnärzte auf ihrer Homepage u.a. die ästhetische Zahnheilkunde als einen ihrer Tätigkeitsschwerpunkte beschrieben und Entgelte für die Zahnaufhellung nervtoter Zähne als umsatzsteuerfrei behandelten. Der Prüfer sah in den Bleachingbehandlungen umsatzsteuerpflichtige Leistungen. Das Finanzamt setzte diese Prüfungsfeststellung um. Die Klage der Zahnarztpraxis hatte Erfolg. Aus der Entscheidungsbegründung des BFH: „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin dienen der Diagnose, Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen. Sie müssen einen therapeutischen Zweck haben. Hierzu gehören auch Leistungen zum Zweck der Vorbeugung und zum Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit. … Auch ästhetische Behandlungen sind Heilbehandlungen, wenn diese Leistungen dazu dienen, Krankheiten oder Gesundheitsstörungen zu diagnostizieren, zu behandeln oder zu heilen oder die Gesundheit zu schützen, aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen (EuGH, 21.03.2013 – C 91/12; BFH, 04.12.2014 – V R 16/12). Die Steuerbefreiung ist indes nicht auf solche Leistungen beschränkt, die unmittelbar der Diagnose, Behandlung oder Heilung einer Krankheit oder Verletzung dienen. Sie erfasst auch Leistungen, die erst als Folge solcher Behandlungen erforderlich werden, seien sie auch ästhetischer Natur (Folgebehandlung). So verhält es sich, wenn die medizinische Maßnahme dazu dient, die negativen Folgen der Vorbehandlung zu beseitigen. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH (aaO.), wonach eine therapeutische Zweckbestimmtheit einer Leistung nicht in einem besonders engen Sinne zu verstehen sei. … Diese (gemeint sind die endodontischen) „Zahnbehandlungen, die jeweils eine Verdunklung des behandelten Zahnes zur Folge hatten, waren medizinisch indiziert. Als Heilbehandlung waren diese zahnärztlichen Leistungen deshalb nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG steuerfrei. Die als Folge dieser Zahnbehandlungen notwendig gewordenen Zahnaufhellungsbehandlungen – als ästhetischer Eingriff – sind ebenfalls nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG steuerfrei. Der Eingriff ästhetischer Natur war medizinisch erforderlich. Zwar hatte die Zahnaufhellungsbehandlung nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts im Streitfall ausschließlich eine optische Veränderung des Zahnes zur Folge. Gleichwohl erfolgte der Eingriff nicht zu rein kosmetischen Zwecken. Nach den … bindenden Feststellungen des Finanzgerichts dienten die Zahnaufhellungen dazu, die infolge der Vorschädigung eingetretene Verdunklung der Zähne zu behandeln. Damit standen die Zahnaufhellungsbehandlungen in einem sachlichen Zusammenhang mit den vorherigen Behandlungen, weil sie deren negative Auswirkungen (Verdunklung) zu beseitigen bezweckten.“

Bleachingbehandlungen sind in der Regel steuerfrei, wenn sie Folgebehandlungen zahnmedizinisch indizierter Behandlungen sind, um die dadurch verursachten Veränderungen zu beheben. Die Gründe für die Umsatzsteuerfreiheit sind für jeden Einzelfall zu dokumentieren. Betriebsprüfer sehen sich regelmäßig den Internetauftritt an. Man sollte den ab und zu auch mal mit dem Steuerberater besprechen.
Autor: Prof. Dr. Thomas Ratajczak, Quelle: ZWP online