Editorial von DGKZ-Präsident Prof. inv. Dr. Jürgen Wahlmann.
Viele Artikel und Vorträge beschäftigen sich aktuell mit dem Thema „Komposit versus Keramik“. Dadurch entsteht der Eindruck, es läge ein Konflikt vor, schließlich lautet die Bedeutung des Wortes „versus“ laut Duden „gegen“. Ähnlich sieht es beim Thema „digital versus analog“ aus. Auch hier wird durch die Formulierung der Eindruck einer Entweder-oder-Entscheidung vermittelt.
Dabei sollten wir nicht nur in diesen beiden Fällen bemüht sein, im Interesse des Patienten das Beste aus den verschiedenen Welten zu wählen. Gerade in komplexen Behandlungsfällen, wie Bisshebungen bei gleichzeitiger Neueinstellung einer physiologischen Bissposition, lässt sich mit einer Kombination der verschiedenen Materialien und Techniken ein optimales Ergebnis für die Patienten erzielen. Die enormen Vorschritte sowohl im Bereich der Materialien als auch Techniken bieten heute der fortbildungsaktiven Behandlerin sowie dem fortbildungsaktiven Behandler die Chance, aus den fantastischen Möglichkeiten auszuwählen, um ein hochästhetisches und langlebiges Therapieergebnis zu erzielen.
Natürlich wird hier jede Behandlerin und jeder Behandler zu unterschiedlichen Vorgehensweisen greifen. Gerade im Bereich der neuen Techniken ist im Moment zum Beispiel der „Full Digital Workflow“ ein Trend, der interessante Möglichkeiten bietet. Im Gegensatz dazu bevorzuge ich im Bereich der Abdrucknahme zurzeit noch statt des intraoralen Scans einen konventionellen Abdruck, allerdings kombiniert mit den Vorteilen eines hochpräzisen Abdrucks mittels 3D-gedrucktem individuellem Abdrucklöffel. Anschließend wird das Modell im Labor gescannt, und der weitere Workflow erfolgt häufig digital. Ebenso bevorzuge ich zumindest im Bereich der ästhetischen Zone sowie bei Non-Prep-Bisshebungen aufgrund der perfekten Ästhetik und Möglichkeit, Schichtstärken im Bereich von 0,05 mm zu realisieren, eindeutig handgefertigte statt CAD/CAM-hergestellte Restaurationen.
Gerade die oben bereits angeführten komplexen Bisshebungsfälle profitieren von den Möglichkeiten der unterschiedlichen Materialien und Techniken. Während in manchen Fällen tatsächlich der „Full Digital Workflow“ das Mittel der Wahl darstellt, bietet sich in anderen Fällen eine Kombination an. Zunächst erfolgt eine Behandlung mit einer CAD/CAM-gefertigten Schiene, anschließend wird das Langzeitprovisorium entweder gefräst oder rein additiv mittels Silikonwall und zum Beispiel LuxaCrown (DMG) hergestellt sowie die definitive Versorgung final entweder laborgefertigt aus Keramik oder direkt im Mund des Patienten mittels Komposit durchgeführt, in manchen Fällen finden beide Materialien Anwendung.
Unser Motto sollte also „Komposit UND Keramik“ beziehungsweise „analog UND digital“ lauten – um dem Interesse des Patienten an einer möglichst minimalinvasiven und damit substanzschonenden Behandlung nachkommen zu können.
Das Editorial ist in der ZWP spezial mit dem Titel „Komposit vs. Keramik – ein Konflikt?“ erschienen.
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