Nach 29 Jahren waren Hybrid-Composite-Füllungen noch zu 71,4 Prozent voll funktionsfähig
Zahnfüllungen, die sich flexibel dem Abrieb der Zähne anpassen, halten länger als starre Füllungen. Das ist das Ergebnis einer prospektiven Langzeitstudie über 29 Jahre der Universitäten Jena und Witten/Herdecke. „Wir konnten erstmalig zeigen, dass Zähne mit einer Compositefüllung über lange Zeit nicht nur halten, sondern sogar immer besser werden“, fasst Prof. Dr. Peter Gängler, Leiter des ORMED – Institute for Oral Medicine an der Universität Witten/Herdecke, das Ergebnis zusammen. Die Forscher haben den Füllungen mit modernster Rasterelektronenmikroskopie auf den Zahn gefühlt, um Aussagen über die Passgenauigkeit und die unvermeidlichen Randspalten machen zu können. Das Ergebnis der Studie ist im Dezember 2018 im Journal of Dental Research (DOI: 10.1177/0022034518788798) zuerst veröffentlicht worden.
Während der ersten fünf Jahre verschlechterten sich alle Füllungen, passten sich danach aber optimal dem Kaumuster an und blieben intakt. Nach zehn Jahren verschwanden die Spalten im Übergang von Füllung zu Zahn mehr und mehr und es entstand ein glatter Übergang. Die Abnutzung sowohl des Schmelzes als auch des Composite-Materials beim Kauen führte zu einer Verbesserung der Füllung mit glatteren Übergängen. Sie blieben intakt, trotz tiefer Randspalten mit bakterieller Besiedelung. „Anpassungsfähige Biomaterialien für Zähne wie Goldlegierungen, Amalgame und Composite tragen deshalb zur Mundgesundheit bei. Starre Biomaterialien wie Nichtedelmetall-Legierungen und Keramiken wie Zirkonoxide sind ungeeignet, weil sie mit ihrer Härte die Gegenzähne und das Kiefergelenk schädigen“, erklärt Gängler ein weiteres Ergebnis der Studie, „denn dass unsere Zähne auch im Erwachsenenalter immer um genau so viel nachwachsen, wie sie abgekaut werden, weiß erstaunlicherweise kaum ein Zahnarzt.“
Ziel der Studie war es, die Haltbarkeit der modernen Compositefüllungen zu untersuchen, die seit 1985 auf dem Markt sind. „Ob sie ein Leben lang halten, wissen wir noch nicht. Wenn man von unserer Studienlage in der Altersgruppe der 18- bis 52-Jährigen bei Primärversorgung ausgeht, ist aber eine kumulative Überlebensrate von 71,4 Prozent nach 29 Jahren ein sehr guter Wert“, erläutert Gängler weiter. Er räumt aber ein, dass von den anfangs 197 Studienteilnehmern am Ende nur 29 übrig geblieben sind – hauptsächlich durch Umzug. Die klinische Langzeitstudie zeigt zudem, dass die teils erheblichen Randspaltbildungen nicht zu mehr Karies führen: So wie die Kariesentstehung nicht mit dem jeweils persönlichen Zuckerkonsum, der Mundhygiene oder der Zahnstellung zusammenhängt, so entwickelt sich die sekundäre, also später entstehende Randkaries, auch nicht in Abhängigkeit von der Größe eines Randspalts. Zwar kann in Randspalten ungehindert ein Biofilm entstehen, das kann er aber auch an jeder anderen Stelle. „Biofilm kann erst nach Überwindung der Wirtsabwehr zur Karies führen. Also entscheidet nicht die Spaltgröße nach den vorliegenden Langzeitergebnissen über das Risiko, sondern der Mensch mit seiner individuellen Wirtsabwehr. Schließlich bekommt auch der Mensch eine (oder keine) Karies und nicht das Biomaterial“, sagt Gängler.
Quelle: Uni W/H
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