Neues der Deutschen Gesellschaft für Kosmetische Zahnmedizin

» 20.04.2016 „Daktari for Maasai“ – Zahnmedizinische Hilfe in Tansania


© Prof. inv. (Sevilla) Dr. Martin Jörgens

In Tansania müssen ganze Landstriche, vor allem die entlegenen Gebiete, ohne zahnmedizinische Versorgung auskommen. Tausende Menschen sehen in ihrem Leben nicht einmal einen Zahnarzt. Dies wollten Prof. inv. (Sevilla) Dr. Martin Jörgens, Prof. inv. (Sevilla) Dr. Marcel Wainwright und Dr. Caroline Kentsch von den Düsseldorfer „Dental Specialists“ ändern und gründeten das Hilfsprojekt „Daktari for Maasai“.

Bereits seit fünf Jahren unterstützen sie, zusammen mit weiteren Zahnärzten und Oralchirurgen aus aller Welt, regelmäßig die tansanische Bevölkerung. Ein medizinischer Einsatz, der die Helfer auf zum Teil abenteuerliche Reisen quer durch die Savanne zu ihren Patienten führt.Ein Zahnarzt in Tansania ist für die Versorgung von etwa 200.000 Menschen zuständig – ein Verhältnis, welches eine ausreichende zahnmedizinische Versorgung unmöglich macht.* Zum Vergleich entfallen in Deutschland, je nach Bevölkerungsdichte, 1.200 bis 1.600 potenzielle Patienten auf einen Zahnarzt.** Aus dem Zahnärztemangel in Tansania ergeben sich für die Patienten oft weite Fahrten und lange beschwerliche Fußmärschen durch die Savanne zu den zentraler gelegenen Versorgungsstationen. Dort angekommen erwartet die erschöpften Menschen aufgrund unzureichender Ausstattung und Kenntnisse meist nur eine notdürftige Behandlung. Unter den gegebenen Umständen machen sich daher viele, wenn überhaupt, erst im Notfall auf den Weg und ertragen unnötige Schmerzen. So können sich Erkrankungen der Zähne und des Zahnhalteapparates wie Karies und Parodontitis ungebremst ausdehnen. Die Bevölkerung ist bereits seit Generationen von massiven Fehlbildungen und Erosionen der Zähne betroffen. Hinzu kommt eine flächendeckende Manifestation der Zahnfluorose, verursacht durch besonders fluoridhaltiges Trinkwasser einzelner Regionen in Tansania. Leicht zu erkennen ist dies an den zumeist tief dunkelbraun verfärbten Zähnen.

Viele helfende Hände

Der hohe zahnmedizinische Bedarf veranlasste die „Dental Specialists“ zusammen mit Dr. Axel Roschker, Dr. Roberto Garrido, Dr. Francisco Azcarate und Dr. Andrea Chan das Hilfsprojekt „Daktari for Maasai“ aufzubauen. In der Muttersprache Swahili bedeutet dies „Doktoren für Maasai“. Die Idee zu diesem Hilfsprojekt kam mir 2010 bei einem Aufenthalt weit im Norden Tansanias an der Grenze zu Kenia in einem Dorf namens Ololosokwan. Dort sah ich in der kleinen Klinik das Schild „Daktari“ auf einer der Türen und wusste sofort, dass ich hier ein Projekt starten möchte. Schnell fanden sich viele helfende Hände. Von Anfang an half beispielsweise der ansässige Arzt Dr. Obed Lasseroi bei der Planung und Ausstattung vor Ort. Dank der vielen Freiwilligen ist das Projekt mittlerweile so etabliert, dass neben den einheimischen auch regelmäßig engagierte internationale Zahnärzte und Chirurgen aus den unterschiedlichsten Ländern vor Ort sind (Abb. 1 und 2). Für das notwendige medizinische Equipment wie chirurgische Absaugpumpen oder Instrumente bauen die „Daktari for Maasai“ auf ihren langjährigen Partner „Medeor“. Das weltweit aktive Medikamentenhilfswerk versorgt auch bei dieser Initiative die aufgebauten Gesundheitsstationen. Weitere lokale Unterstützung sowie Herrichtung der verschiedenen Behandlungsorte und Unterkünfte organisiert der Anbieter von Abenteuerreisen und Safaris „&Beyond“. Auch Heraeus Kulzer hilft durch die Bereitstellung seiner Materialien für die Zahnbehandlung. Hier ging ich bei einer der Internationalen Dental-Schauen in Köln gezielt auf das Unternehmen zu und initiierte so eine vertrauensvolle und überaus erfolgreiche Zusammenarbeit.

Zahnmedizinische Versorgung mit großem Effekt

Bei der Betrachtung der individuellen Patientenfälle zeigt sich, wie vielseitig der Einsatz ist. Die zahnmedizinische Behandlung reicht von der Vorsorge über Kariesbehandlungen und Teilkronenpräparationen bis hin zu ästhetischen Versorgungen. Bei vielen Menschen, wie beispielsweise dem jungen Omar, sind die Folgen eines zu hohen Fluoridgehalts des Trinkwassers deutlich erkennbar – entsprechend hoch ist der therapeutische Bedarf. Man spricht hier von der sogenannten Arusha-Fluorosis, benannt nach der Distrikthauptstadt in der Nähe des Kilimandscharo. Die Zähne im Oberkiefer, besonders der linke mittlere Schneidezahn, waren bis tief ins Dentin hinein verfärbt und oberflächlich erosiv zerstört (Abb. 3). Erschwerend kam am posttraumatisch abgestorbenen Zahn 21 noch die Notwendigkeit einer Wurzelkanalbehandlung hinzu. Da eine prothetische Versorgung vor Ort nicht möglich ist, scheidet eine mit Zahntechnik verknüpfte Behandlung aus. Auf der Suche nach einer praktikablen Lösung für den Patienten greifen die Behandler daher oft auf Methoden der klassischen Veneerpräparation zurück. Die nach außen liegende Schmelzschicht musste hierfür zunächst komplett entfernt werden. Der Ersatz der nach außen liegenden Struktur wurde im Anschluss durch eine Präparation bis in den Interdentalraum und an den Sulkus gewährleistet (Abb. 4). Hier bewährten sich das Adhäsiv iBOND® Universal sowie die Komposite Venus® Pearl und Venus® Flow (Heraeus Kulzer) aufgrund ihrer vielseitigen und unkomplizierten Verwendbarkeit. An insgesamt vier Zähnen der Oberkieferfront erfolgte bei Omar eine umfangreiche Veneererstellung für ein funktionelles und ästhetisches Ergebnis (Abb. 5). Trotz der unterschiedlichen Farben der Stümpfe waren, dank der Opazität des Materials, beim Ergebnis keine Farbunterschiede zu erkennen (Abb. 6). So waren die Verfärbungen an den Zähnen nach der Behandlung nicht mehr zu erkennen, worüber sich auch der Patient freute (Abb. 7).

Mobiler Einsatz

Seit der Projektgründung dient die Klinik bei Ololosokwan als Basis im Land. Nach einer Ausgangslage mit viel Improvisationsbereitschaft ermöglichen mittlerweile zwei Untersuchungsstühle sowie zwei OP-Liegen eine gute Versorgung von mehreren Patienten parallel. Mit mobilen Utensilien ausgestattet, ist das Team zudem oft unterwegs, um auch am Lake Manyara, in der Serengeti oder auf Sansibar die dort ansässigen Menschen innerhalb weniger Tage zahnmedizinisch zu versorgen. Neben dem extremen Klima verlangt vor allem die permanente Konfrontation mit Tsetsefliegen, Moskitos und zahlreichen anderen Insekten den Helfern einiges ab.

Ein Fehlen von Strom und fließendem Wasser an den verschiedenen Einsatzorten erschwert zusätzlich die Arbeit. Doch mit etwas Einfallsreichtum und Hilfe von Generatoren sind auch dies nur vorübergehende Stolpersteine (Abb. 2). Sowohl einzelne Patienten als auch ganze Schulklassen nehmen die zusätzlich angebotene zahnärztliche Versorgung in Tansania gerne in Anspruch. So kommen die mobilen Helfer den Menschen, welche ansonsten meist zu Fuß aufbrechen, entgegen.

Gerade die Behandlung mit der transportablen Ausstattung erfordert, aufgrund der unerträglichen Hitze, der hohen Luftfeuchtigkeit und der langen Transportwege, ein besonders widerstandsfähiges und vielseitig einsetzbares Equipment. Hier haben sich beispielsweise Einmalpackungen bewährt, da keine Möglichkeit für eine kühle Zwischenlagerung besteht und die Materialien leicht auslaufen oder ihre optimale Konsistenz verlieren könnten.

So lernte das Team, sich immer wieder neu je nach Situation an die gegebenen Bedingungen vor Ort anzupassen und von den gemachten Erfahrungen zukünftig zu profitieren.

Viele glückliche Patienten

Gerade kürzlich waren die „Daktari for Maasai“ wieder in Tansania. Jahr für Jahr verbessert sich die Ausstattung vor Ort. Wir freuen uns, für die Bereitstellung der notwendigen Materialien sowie die Übernahme des Transportes auf zahlreiche Partner zurückgreifen zu können. So konnte unser Team (Abb. 8), bestehend aus zwei Zahnärzten, drei Oralchirurgen sowie den beiden Ästhetischen Chirurgen Dr. Afschin Fatemi und Dr. Martin Bongartz, beim letzten Einsatz über 500 Patienten innerhalb weniger Wochen zahnmedizinisch versorgen. Der Aufenthalt umfasste abermals die Klinik bei Ololosokwan, wo der Bedarf auch diesmal am höchsten war, als auch den mobilen Einsatz an weiteren Orten. Die Sprachbarriere zu den Patienten spielt dabei kaum mehr eine Rolle, da wir mit einheimischen Fachkräften zusammenarbeiten, welche auch Englisch sprechen. Zudem können wir uns mittlerweile teilweise schon selbst mit den Patienten auf Maasai oder Swahili austauschen. Dies zeigt, wie sehr uns das Hilfsprojekt am Herzen liegt und wie weit es sich bereits etabliert hat.

Dieser Beitrag ist in der aktuellen Ausgabe der Cosmetic Dentistry erschienen.