Neues der Deutschen Gesellschaft für Kosmetische Zahnmedizin

» 30.09.2015 „Schwarze Magie“ für weißere Zähne


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Ein neues Wundermittel zum Weißen der Beißer ist aktuell in aller Munde. Die Rede ist von Carbo ­medicinalis – zu Deutsch: medizinische Kohle oder Aktivkohle. Es mag zunächst paradox klingen, dass ein schwarzes Pulver die Zähne weißer machen soll. ­Jedoch hat es sich in der Tat in letzter Zeit als großer Trend entpuppt, Aktivkohle verschiedenen Zahnpflegeprodukten beizumischen, um so einen Bleaching-Effekt zu erzielen.

Dass Kohle schon seit Längerem als Geheimmittel gilt, um der Schönheit und Gesundheit auf die Sprünge zu helfen, ist sicherlich unumstritten. Schon bei den alten Ägyptern 1550 Jahre v. Chr. wurde sie für medizinische Zwecke genutzt und knapp 1.000 Jahre später aktiv gegen Epilepsie, Schwindel und Flatulenz eingesetzt. Auch soll sie sich positiv auf den Energiefluss des Körpers auswirken, die Durchblutung anregen und das allgemeine Wohlbefinden stärken. Heute findet sich ­Aktivkohle beispielsweise in Körpercremes, Reinigern, Gesichtsmasken, Peelings, Deodorants, Kosmetika oder Medikamenten gegen Magenprobleme und wird dem Trinkwasser beigemengt, um die Keimzahl zu reduzieren und den Körper zu entgiften. Selbst in der Lebensmittelindustrie findet Kohle nützliche Verwendung: als Farbstoff E 153 sorgt sie z. B. in Fruchtsaftkonzentraten, Gelees, Marme­laden, Süßwaren und Wachsüberzügen bei Käse für eine dunklere Note.

Adsorption statt Abrasion

Warum jedoch wird Aktivkohle nun auch zum Weißen der Zähne verwendet? Im Gegensatz zu den meisten synthetischen Bleachingprodukten, die durch Abrasion oder chemische Prozesse einen Weißungseffekt erzielen, hat der Naturstoff Aktivkohle optimale physikalische Eigenschaften, die die Zähne auf ganz natürlichem und schonendem Wege aufhellen. Das schwarze Pulver besteht aus Kohlenstoff mit poröser, feinkörniger Oberfläche. Die Mikroporen dieser Oberfläche sind ähnlich wie bei einem Schwamm untereinander verbunden und ziehen verschiedene Substanzen nahezu magnetisch an. So bindet Aktivkohle z.B. die sogenannten Tannine, die in Wein und Tee enthalten sind und bei regelmäßigem Konsum eine Verfärbung der Zähne verursachen. Dadurch kann es auch für Patienten, deren Zahnschmelz nicht in perfektem Zustand ist oder deren Zahnhälse freiliegen, unbedenklich sein, die Zähne stufenweise zu einer sichtbaren Aufhellung zu führen. Selbstverständlich sind auch von Aktivkohle, genau wie von anderen Home-Office-Produkten, keine Weiß-Wunder zu erwarten. Maximal der ursprüngliche natürliche Farbton der Zähne kann wieder hergestellt werden. Weißer als jemals zuvor werden die Zähne damit definitiv nicht. Hier ist nach wie vor die Fachkompetenz des Prophy­laxepersonals gefragt.

Alternative mit ökologischem Mehrwert

Viele Patienten wünschen sich weißere Zähne, fürchten jedoch eine Beeinträchtigung der Zahngesundheit. Zusätzlich wird das ökologische Bewusstsein der deutschen Bevölkerung immer größer, sodass in logischer Konsequenz all jene Anbieter auf dem Markt punkten, die im Sinne von ­Natürlichkeit, Umweltschutz und Nachhaltigkeit handeln. So ist es sicherlich auch für eine Zahnarztpraxis von Nutzen, sich mit Behandlungs­methoden und Materialien zu beschäftigen, die dem Patienten ein sicheres und umweltschonendes Gefühl geben. Nicht nur, um den medizinischen Ansprüchen gerecht zu werden, sondern auch, um mit dem Zeitgeist zu gehen und sich umweltbewusst zu positionieren. Darüber hinaus verspricht Aktivkohle eine für den Benutzer sehr angenehme Behandlung – vollkommen geschmacks- und geruchsneutral. Lediglich die schwarze Optik ist etwas ungewohnt. Erhältlich ist das Wundermittel bereits in Apotheke und Onlinehandel, sowohl als Pulver oder in Tablettenform zum Auflösen oder als Granulat in Pasten und Salben. Auf dem Dentalmarkt werden sowohl Hand- als auch elektrische Zahnbürsten, schwarze Zahnpasten und sogar -seifen mit Aktivkohle angeboten. Die Anwendungsweise und Einwirkzeit unterscheiden sich je nach Form, sind aber durchweg unkompliziert und komfortabel. Carbo medicinalis könnte also das neue „schwarze Gold“ werden – oder zumindest ein Trend, den es sich auszupro­bieren lohnt.

Wie entsteht Aktivkohle?

Das vielseitige Naturprodukt kann aus fast allen kohlenstoffhaltigen Materialien gewonnen werden. Das wären z.B. Rohstoffe wie Holz, Torf, Braunkohle, Steinkohle, Fruchtkerne oder Kokosnussschalen. Aber selbst Kunststoffabfälle oder Erdölprodukte eignen sich aufgrund des hohen Kohlenstoffanteils zur Herstellung von Aktivkohle.

Nach dem üblichen Kohlegewinnungsprozess folgt die „Aktivierung“. Hier unterscheidet man zwei Methoden: die chemische Aktivierung und die Gasaktivierung. Bei der chemischen Aktivierung werden unverkohlte Rohstoffe verwendet. Diesen wird durch Bei­mischen von entsprechenden unschädlichen Substanzen Wasser entzogen und unter Temperaturen zwischen 400 und 600 °C die aktive, adsorbierende Eigenschaft beschert. Bei der Gasaktivierung wiederum werden bereits verkohlte Produkte genutzt. Diese besitzen schon vor der Aktivierung wenige kleine Poren. Unter hohen Temperaturen von 700 bis 1.000 °C und der Verwendung von Wasserdampf und Kohlendioxid wird eine Teiloxidation ausgelöst. Dabei werden die Stoffe, die die Feinporen verstopfen, ausgetrieben und das Kohlenstoffgerüst wird freigelegt. Im Inneren des Rohstoffes entstehen nun die gewünschten Poren, wodurch sich die adsorptive Eigenschaft der Kohle und somit die Rei­nigungsleistung erhöht.

Autorin: Katja Leipnitz, Quelle: ZWP online